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Statistik Iran Teil 1

Strecke: 1590 km
Tagesdurchschnitt: 66km
Tage im Iran: 24
Tage auf dem Rad: 19
Höhenmeter überwunden: 16123 m
Tagesdurchschnitt: 838 m
Nächte im Zelt: 15
Nächte in Häusern: 9
Pannen: einige
tägliche Ausgaben: 4,44 €
Willkommen im Iran
konnte ich zwar nirgendwo lesen, aber vielleicht lag es einfach daran das ich es nicht lesen konnte…Farsi ist die Sprache des Iran und die Schrift ist auch eine ganz eigene. Von dieser Tatsache abgesehen war der Grenzübertritt in den Iran völlig problemlos. Ich musste zwar mein Gepäck auf beiden Seiten der Grenze durch den Röntgen-Scanner schicken und auf iranischer Seite einige Fragen des Grenzbeamten beantworten (z.B. „Name des Vaters“) aber danach war ich im Land. Dort folgte ich dem Grenzfluss der übrigens Aras heisst bis zur ersten grösseren Stadt Jolfa. Anfangs fuhr ich durch eine tief eingeschnittene Schlucht doch diese öffnet sich irgendwann auf der anderen Seite nach Aserbaidschan und lässt Blicke auf die Gebirge im Norden zu. Wunderschöne Landschaft.

In Jolfa bekomme ich das erste Mal den Iran zu spüren. Nachdem ich Geld gewechselt habe mache ich mich auf den Weg in den Süden. Aber bevor ich die Stadt verlassen kann halten mehrere Autos am Strassenrand an, die Fahrer springen heraus und fragen ob ich etwas benötige oder Hilfe brauche. Ich verneine dies. Einer fährt zum nächsten Shop und kommt mit zwei Limonaden wieder heraus. Er drückt mir eine in die Hand, wir stossen an und es heisst „Welcome to Iran!“ Das ist also die legendäre iranische Gastfreundschaft. Das war keine Ausnahme sondern die Regel die mich die nächsten Wochen begleitete.

Meine nächste Stadt auf dem Weg ist Marand, wo mich Akbar begrüsst. Er sit ein sehr aktives Mitgliedd im Warm-Showers Netzwerk und hat in den letzten drei Jahren schon 557 Radfahrer begrüsst und bewirtet. Nach einem leckeren Frühstück geht es dann aber weiter nach Tabriz meinem ersten Etappenziel. Dort gibt es einen bewachten und kostenlosen Zeltplatz für Reisende mitten in der Stadt. Auf dem Weg dorthin treffe ich Hamed, der mich spontan, da der Platz voll war, zu sich einlädt. In seinem Apartment bleibe ich 4 Tage und nutze die Zeit um verschiedenes am Rad reparieren zu lassen und die Stadt zu besichtigen.
Hamed kümmert sich fürsorglich um mich und zeigt mir die schönsten Plätze der Stadt und das leckerste Essen. Dank seiner Übersetzungen und Erklärungen zum Alltag und den Gebräuchen der Iraner kommt mir alles um einiges näher…
In der Stadt treffe ich Pedro, ein Motorradfahrer aus Portugal wieder, den ich in Armenien schon gekreuzt hatte. Zusammen kommen wir zu der einmaligen Gelegenheit zum Saisonfinale ins örtliche Stadion eingeladen zu werden. Ali, der Pedro bei sich aufgenommen hatte, besitzt gute Beziehungen zum örtlichen Fussballclub und so lernen wir den portugiesischen Trainer (Toni, eine Legende in seinem Land) und das ganze Team vor dem Spiel kennen. Als i-Tüpfelchen besorgt uns Ali noch Zugang in den Pressebereich wo wir als portugiesisches Journalisten-Duo die ganze Geschichte Hautnah verfolgen können. Extrem Speziell das ganze.
Das Stadion ist wundervoll in die umliegenden Hügel eingebettet und beherbergt heute 100.000 Zuschauer. Ich war noch nie mit sovielen Männern zusammen an einem Ort! Die Party steigt schon vor dem Spiel und als die Teams einlaufen explodiert die Stimmung förmlich. Ein gemeinsames Gebet vor dem Spiel (Die Menge antwortet mit „Allah!“ auf den Text des Vorbeters) dann kann es losgehen.
Die Leute sind wie wahnsinnig auf uns. Jeder will ein Foto mit uns machen und das iranische Fernsehen macht sogar ein Interview mit Pedro. Ich stehe daneben und versuche an den richtigen Stellen zu nicken und nicht zu lachen… Mal sehen wo das ausgestrahlt wird.
Als zum Ende des Spiels feststeht das die Meisterschaft nach Esfahan und nicht nach Tabriz geht, kippt die Stimmung. Sitze werden herausgerissen und fliegen in Richtung Spielfeld. Die Fans stürmen am Schluss das Spielfeld und die Polizei jagt sie mit Ihren Gummiknüppeln. Den Spielern werden die Trikots vom Leib gerissen und sie können sich nur knapp in die Kabine retten. Wir kommen heil raus und eine Stunde später ist die Stimmung in der Stadt ausgelassen und die Leute tanzen im völlig zusammengebrochenen Verkehr ausgelassen auf Ihre regionalen traditionelle Art. Was für ein Abschluss!

Am folgenden Tag geht es für mich südwärts mit einem ersten Ziel Takth e Soleman, einer vorislamischen Tempelanlage.
Mein Weg dorthin führt mich Anfangs entlang grosser Strassen und später auf weniger befahrenen dahin, wo ich wenn ich es zulassen würde alle 500m anhalten könnte um Fragen zu beantworten oder eine Einladung zum Chai oder Essen anzunehmen.
Am 4.Tag erreiche ich die Anlage und bin beeindruckt. Nicht so sehr von den bis zu 2000 Jahre altenRuinen, sondern von der Lage und dem Platz an sich. ein scheinbar bodenloser Teich (110m tief) liegt zentral auf einem Plateau und hat die Form einer Amphore. D.h. wenn man an den Rand geht steht man eigentlich schon über dem See. Die giftigen Minerale im vulkanischen Wasser haben eine dicke Kruste entstehen lassen. Mit dem Vulkan im Hintergrund gibt es eine wunderbare Stimmung im Abendlicht. Ich darf direkt vor der anlage zelten und geniesse diesen speziellen Ort in vollen Zügen.

Von dort geht es weiter nach Süden nach Sanandej, der Hauptstadt des iranischen Teils von Kurdistan. Dort treffe ich durch Zufall Sahand, der mich zu sich zum duschen nach Hause einlädt (muss wohl einen runtergekommennen Eindruck gemacht haben…) Aus der Dusche wurde ein ganzer Tag und ich beschloss einen weiteren in der Stadt zu bleiben. Sahand ist im Nachwuchsteam der iranischen Bergsteiger-Elite aktiv und Sohn eines berühmten iranischen 8000er Bergsteigers. Er bot sich mir spontan an mich auf meinem Trip auf den Damavand zu begleiten, perfekt! Übernachtet habe ich bei Mohammed, der mir am folgenden Tag die Stadt und die kurdische Musik näher gebracht hat. Selbst ein begnadeter Musiker hat er seine Fertigkeiten bei einem der berühmtesten kurdischen Musiker gelernt, bei dem er mir sogar ein kleines Privat-Konzert arrangierte. Wundervolle Musik tief aus dem Herzen. Ein ganz spezieller Moment. Am Abend begleite ich Mohammed und Sahand noch zu Ihrem Englisch-Kurs, wo ich viele Fragen beantworten darf, aber auch einiges über die Biografien der Teilnehmer erfahre.

Von Sanandej geht es am folgenden Tag weiter nach Süden nach Kermanshah. Die MillionenStadt streife ich nur am Rande und besuche noch Bisotun, wo man uralte persische Reliefs im Felsen sehen kann. Viel mehr hat mich aber die Karawanserei beeindruckt die restauriert wurde und nun zu einem Hotel ausgebaut wird. Das scheint wirklich schick zu werden.
Die Strasse geht weiter in Richtung Khorramabad und am folgenden Tag schlägt das Wetter um. Wüstenstaub weht heran und lässt die Luft wie verschleiert wirken. Als ich am Abend in die Stadt fahre verschwindet diese fast im Dunst. Ich beschliesse nach dem Geldwechsel und einer kleinen Altstadt-Rundfahrt weiter zu fahren, bleibe aber in den Strassen des Basars für einige Stunden hängen. Die Leute sind noch freundlicher als gewöhnlich und es entwickeln sich tolle Gespräche (auch ohne gemeinsame Sprache). Nach drei Stunden folge ich der Stadtautobahn hinaus wo ich mir meine nächsten Platz zum campen im grünen suchte…

Am nächsten Tag führte mich mein Weg ins Zagros-Gebirge, wo mich nicht nur die Aussichten auf die schroffe Landschaft sondern auch die spannende und teilweise atemberaubend steile Wegführung beeindruckten. Drei Tage kurvte und arbeitete ich mich durch das Gebirge, schlüpfte in Sepid Dasht für eine Nacht im Haus einer Familie unter (die mich königlich bewirtete) überquerte die mit über 2800m höchste Stelle meiner bisherigen Reise und erreichte nach weiteren 2 Tagen (dann wieder) auf Schnellstrassen Esfahan.
Doch von der Stadt erzähle ich Euch in meiner nächsten Geschichte…

Ich begegnete auf dieser Etappe drei der vier grössten Minderheiten im Land und habe viel über deren Kultur gelernt. Der Norden ist eigentlich Heimat der Azeri, das Gebiet heisst Azerbaidschan, wie das Land im Norden darüber. Dementsprechend ist Ihre Kultur näher dem Nachbarland als dem eigentlichen Iran. Die Sprache dort ist auch eher türkisch als persisch.
Die Kurden im Westen des Iran zählen sich zum zersplitterten und in 4 Ländern verteilten Volk der Kurden. Hier konnte ich mit vielen Menschen englisch reden und habe so einen tieferen Einblick in die Problematik der Kurden und speziell derer im Iran bekommen.
Die Lore, südlich davon durfte ich bei meiner Übernachtung in Sepid Dasht näher kennenlernen.
Alle haben eine eigene Sprache und so war mein Einstig in die Landessprache auch eher holprig. Viele Begriffe der einzelnen Sprachen bleiben hängen, funktionierten aber ein paar Tage später schon nicht mehr…

Als Deutscher hat man es besonders leicht im Iran. Die Verbundenheit im „Ariertum“ wird von vielen herausgehoben und bildet die Grundlage für die tiefgebende Verehrung der Deutschen. Anfangs war das ganze für mich schon recht verstörend vor allem wenn man mit „Heil Hitler“ gegrüsst wird. Aber die negativen Seiten des dritten Reichs sind hier nicht so entscheidend…

Klimatisch begebe ich mich immer weiter in die Hitze. Die Landschaft wird karger und staubiger, wobei dank Bewässerung die meisten Täler noch landwirtschaftlich genutzt werden und grün sind. Hinter Esfahan beginnt die Wüste und auf dieses Abenteuer bin ich besonders gespannt. Aber auch davon mehr das nächste Mal!