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Statistik Iran

Strecke: 3316 km
Tagesdurchschnitt: 48 km
Tage im Iran: 70
Tage auf dem Rad: 35
Höhenmeter überwunden: 25680 m
Tagesdurchschnitt: 734 m
Nächte im Zelt: 29
Nächte in Häusern: 36
Nächte im Bus: 6
Pannen: einige
tägliche Ausgaben: 5,30 €
…und weiter gehts durch das Land des Bösen:
Als ich in Najafabad, einer Kleinstadt vor den Toren Esfahans, ankam begrüßten mich Hajar (sprich Hotschar), Muhammed und Ihre Freunde voller Begeisterung.
Ihre herzliche Art und mein Bedürfnis nach Ruhe ließen mich dann eine ganze Woche dort bleiben.
In dieser Zeit besuchte ich Esfahan mehrmals zu jeder Tages- und Nachtzeit, aber was die Zeit so eindrücklich gemacht hat war das erlebte in Najafabad.
Sie nahmen mich auf wie ein verlorenes Familienmitglied und zeigten mir die Stadt in allen Facetten. Am ersten Tag durfte ich ein Waisenhaus besuchen und die Jungs haben mich so begeistert, dass ich sie gleich noch zweimal besucht habe. Wir hatten musikalische Zusammenkünfte und wir gingen Essen. Bei jeder Rundfahrt schauten einem aus den Hinterhöfen die Ruinen der alten Lehmgebäude entgegen. Auf Nachfrage organisierte mir Hajar eine Stadtführung ganz für mich alleine. Naja, alleine waren wir nicht, denn alle Freunde und die Jungs vom Waisenhaus kamen auch mit. Ein ganz besonderes Happening eben...
In dieser Woche musste ich in Esfahan auch mein Visum verlängern. Etwas kompliziert, vor allem da die beiden mich begleiteten. Dabei kam (für mich neu) heraus das das Beherbergen von Ausländern illegal ist. Zum Schutz der Besucher wie man mir versicherte. Ich musste daraufhin eine Rechnung von einem Hotel besorgen und nachdem wir die organisiert hatten bekam ich am nächsten Tag dann auch meine Verlängerung.
Auch die Reparatur meines Rades stand mal wieder an. Die Kurbellager begannen wieder Geräusche zu machen und da ich nicht wie in Sofia auf den letzten Drücker ankommen wollte ließ ich sie tauschen. Hussein machte das mit meiner Hilfe ganz hervorragend und weigerte sich am Ende trotz Nachdruck von mir, sogar noch Geld anzunehmen.
Esfahan ist eine wunderschöne Stadt. Ich hatte das Glück am letzten „feuchten“ Abend in die Stadt zu kommen und so spiegelten sich die mittelalterlichen Brücken noch im Fluss bevor dieser am nächsten Tag trocken fiel.
Stundenlang schlenderte ich mit Hajar oder Nassim durch die Strassen und Parks der Stadt. Ein herrliches Fleckchen mit ganz entspanntem Flair...
Irgendwann ist aber Abschied angesagt und so verliess ich die Stadt mit einem weinenden und einem lachenden Auge in Richtung Wüste und Teheran. Nach sieben Tagen in Gesellschaft freute ich mich auf die Einsamkeit meines Zeltes und so musste ich die Einladung zweier Rettungssanitäter, bei denen ich eine Pause eingelegt hatte, ausschlagen. Wir hatten eine stundenlange Diskussion über den Sinn des Lebens und den Glauben, herrlich aber ich brauchte meine Ruhe...
Am zweiten Tag erreichte ich nach einem Pass die Hochebene in der Irans Wüsten beginnen. Der Wind schlug mir wie ein Haartrockner ins Gesicht und so radelte ich bei Temperaturen knapp unter 50° der Wüste entgegen. Am Wüstenrand führte mich mein Weg durch die kleine Stadt xxx. Dort ist der alte Kern der Karawanenstadt noch erhalten durch den ich radelte und mir das ein oder andere Gebäude auch mal von innen anschaute...
Von dort ging es nach Norden. Bis Kashan fuhr ich am Wüstenrand entlang und ein paar Kilometer sogar mitten durch die Dünen. Kashan ist die erste grosse Lagune auf dem Weg nach Qom und so ist es immer wieder erstaunlich wie grün die Umgebung und die Stadt aus dieser Wüste herausstechen. In der Stadt gab es ein paar alte traditionelle Häuser und einen Basar zu besichtigen. Den Welterbe-geschützten Park liess ich aus. Im Basar der am Freitag ja geschlossen ist konnte ich herumradeln und traf dabei ein paar Handwerker die mich gleich zum Essen einluden. Ich fuhr noch aus der Stadt hinaus und suchte mir ein Plätzchen zum Zelten.
Am folgenden Tag stand Qom auf dem Plan. Das religiöse Zentrum des Irans, hier werden die meisten Mullahs ausgebildet und hier war auch Khomenis Wirkungsstätte, reizte mich. Aber es kam mal wieder alles anders als geplant. Statt der wunderschönen religiösen Stätten besuchte ich mit lokaler Begleitung den Basar. Ein Teppichdesigner zeigte mir die Orte wo die Seide für die Teppiche gefärbt wird und andere kleine Handwerksbetriebe wo wir jedesmal zum Chai eingeladen wurden. Eine spezieller und schöner Nachmittag in dieser Stadt. Am nächsten Tag erreichte ich Teheran.

Der Ritt durch die Wüste bis in die Hauptstadt war einer meiner anstrengendsten Tage auf der Reise. Die Strecke war extrem hügelig und lang. Als ich abends vor Pedro stand hatte ich 152km auf meinem Tacho.
Pedro war in der Stadt bei einem Couch-Surfer untergekommen und so kam ich endlich mal dazu es auch auszuprobieren. Die Mutter aller kostenlosen Unterkünfte, das Vorbild für Warm Showers.
Khayam´s House wie es genannt wurde war ein Paradies. Ein wenig schmuddelig aber perfekt für meine Bedürfnisse. Ein Kellergeschoss in dem man völlig autark war. Reza, der Host, schaute ab und zu vorbei um zu fragen ob alles ok wäre.

Hier begann dann die Zentralasien Visa Odyssee. Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan müssen hier besorgt werden. Begonnen wird das ganze mit Usbekistan. Dort wartete ich einen Vormittag vor dem Tor um beim hereinkommen zu hören das ich ein Empfehlungsschreiben der deutschen Botschaft im Original (und nicht wie überall zu lesen als Kopie) brauche. In dieser riesigen Stadt ist es unmöglich einfach mal so schnell was zu holen, deshalb hiess es morgen wiederkommen. Tadschikistan lief easy, Antrag abgegeben und 6 Tage später wiederkommen zum abholen.
Am nächsten Tag wurde ich dann auch meinen Usbekistan Antrag los und die gute Frau meinte ich solle 12 Tage später wiederkommen. Wow, 2 Wochen warten....
Das Transit Visum für Turkmenistan bekommt man erst beantragt wenn man ein Usbekistan Visum im Pass kleben hat denn sie wollen halt sicher gehen das Du das Land wieder verlassen kannst.
Also war Geduld angesagt. Ein paar Tage konnte ich noch mit meinem Ausflug zum Berg Damavand totschlagen aber ansonsten war gepflegte Langeweile angesagt. Teheran ist keine touristische Stadt, die paar Sehenswürdigkeiten sind richtig teuer und die Hitze ermuntert einen auch nicht gerade dazu jede Minute raus zu gehen.
Was die Sache noch unattraktiver machte war die Tatsache das der Ramadan, der islamische Fastenmonat, begonnen hatte. Essen konnte man nichts mehr draussen und nur noch im Supermarkt einkaufen. Selbst das Trinken in der Öffentlichkeit ist verpönt. Man betreibt ein Versteckspiel um ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen und auch nicht grade vom Fleisch zu fallen. Positiv daran ist das die Strassen bis ganz spät auf die Nacht voller Leben sind, denn sobald die Sonne untergegangen ist darf gegessen werden. Das wird dann auch ausführlich getan. Alles in Allem eine spannende Veranstaltung…

Das Abholen des Visums war auch nicht ganz problemlos, am ersten Tag vertrösteten sie mich auf den nächsten, (ich sollte aber vorher anrufen) Als dann niemand an den Apparat ging fuhr ich doch hin und siehe da, die Botschaft hatte überraschenderweise geschlossen.
Am folgenden Tag war ich extrafrüh oben und trotzdem der 12. Auf der Liste. Es dauerte tatsächlich bis 12 Uhr das ich mein Visum in den Händen hielt. Jetzt ging es nur noch um die Turkmenen, aber die hatten schon geschlossen. Also ein weiterer Tag in der Stadt.
Dummerweise verschob ich meine Visa-Verlängerung auch auf den letzten Drücker und musste dann am letzten Tag hören das die bis zu 4 Tage dauern soll. Ich beschloss sie in Mashad zu machen und verließ nachdem ich mein turkmenisches Visum beantragt hatte am Nachmittag endgültig die Stadt.
Weit kam ich aber nicht, denn ein Motorradfahrer sammelte mich in den Vororten auf und lud mich ein ein Theaterstück zu besuchen. Ich dachte mir warum nicht und folgte Ihm. Lange Zeit war mir nicht wirklich klar was es werden sollte, aber das es eine große Aufführung werden würde war klar.
Es wurde von der Armee veranstaltet und etwa 5000 Zuschauer wurden erwartet. In den Kulissen stand die Arche Noah und an den Hängen neben dem Theater waren Schützengräben gegraben worden... Sehr verwirrend das ganze.

Als es dunkel wurde ging es los. Es stellte sich heraus, das es eine Aufführung über den Islam war, technisch auf hochstehendem Niveau mit Multimedia-Einspielungen und Massenszenen auf der Bühne in denen die Entstehung des Islams gespielt wurde. Dies ging dann von Noah direkt zur islamischen Revolution über und endete im ersten Golfkrieg (daher die Schützengräben). Ein perfektes Stück Propaganda!

Nach dem bildgewaltig erschlagenden Stück war ich erstmal baff. Als ich dann zu einem Interview gebeten wurde wusste ich nicht so recht was ich sagen sollte. Offene Kritik war hier sicher fehl am Platze. Also versuchte ich die guten Momente des Stückes herauszuheben ohne hier Propaganda zu unterstützen. Würde mich ja wirklich interessieren wie sie meine Aussagen missbrauchen....

Ich schlief auf dem Theatergelände bevor ich mich am nächsten Morgen endgültig aufmachte in Richtung Kaspisches Meer. Auf der Strasse traf ich ein paar Radler die mir schon in Teheran über den Weg gelaufen waren und wir radelten zusammen in die Berge. Ihre Einladung zu einem schönen Plätzchen nicht weit vom Weg weg nahm ich an und so ging es erst nach einer längeren Pause dort zurück an den Anstieg. Der hatte es dann richtig in sich. Den restlichen Tag quälte ich mich hinauf bis ich im Skiort Shemshak ankam und dort wieder zum Pausieren eingeladen wurde. Das ganze war superwitzig und zog sich länger hin als erwartet. Zurück auf der Strasse kämpfte ich mit der Erschöpfung und der fortgeschrittenen Zeit. Als ich schliesslich auf 3300m ankam war es stockdunkel und ich völlig erschlagen. Eine angebotene Suppe ging nicht an mich und so baute ich mein Zelt auf und fiel tot auf die Matratze.

Der nächste Tag belohnte dann aber für die Plackerei. Die Aussicht dort oben war super und vor mir lag eine lange Abfahrt, Anfangs Serpentinen gespickt, die in einen letzten Anstieg überging bevor ich 2700m hinunter ans Kaspische Meer rollen durfte. Der Pass war untertunnelt und hinter dem Tunnel erwartete mich etwas völlig ungewohntes: Nebel! Ich musste sogar das erste Mal seit 2 Monaten meine Jacke anziehen so frisch war es… Die Sicht wurde bald besser und damit auch die Aussicht. Die Strasse wand sich hinab in tiefe Schluchten und folgte diesen bis in die Küstenwälder. Je tiefer ich kam desto mehr spürte ich die Luftfeuchtigkeit. Es war extrem Schwül. Die Umgebung ähnelte abgesehen von den Reisfeldern am Strassenrand ziemlich Mitteleuropa und so konnte ich mir die heimatliche Hitzewelle mal am eigenen Leib vorstellen.

3 Tage fuhr ich am Meer entlang bevor ich in Morgan zu einem ungewohnten Mittel greifen musste: Dem Bus. Mein Visum lief ab und musste verlängert werden. Da die zweite Verlängerung 2-4 Werktage braucht entschloss ich mich nach Mashad zu fahren, sie zu beantragen um danach direkt zurückzukommen um die Wartezeit damit zu verbringen nach Mashad zu radeln… Soweit der Plan. Nur war da ein ungeplanter Feiertag, so hing ich einen kompletten Tag bei Babak in Mashad herum, einem Mitglied von Couchsurfing das mich bei sich unterschlüpfen liess.
Am nächsten Tag sagte mir die Polizei das ich die Stadt nicht verlassen dürfte. Das warf meinen Plan völlig um. Nach einigem Grübeln beschloss ich mich darüber hinwegzusetzen und sass kurz darauf wieder im Nachtbus nach Morgan, wo ich mein Rad untergestellt hatte.

Da ich einen Abholtermin bei der Polizei hatte hiess es strampeln! So schaffte ich die 600km nach Mashad in 4 Tagen und einem extrem wunden Hintern. Aus Zeitgründen verlud ich mein Rad sogar einmal für 40km in ein Taxi um einen Berg zu überbrücken… Unterwegs begrüssten mich immer mehr Plakate, die ich zwar nicht lesen konnte, die aber ganz klar auf Imam Reza und den Heiligen Schrein in Mashad abzielten. Dort angekommen holte ich meinen Pass bei der Polizei ab und fuhr direkt zur turkmenischen Botschaft wo ich mir mein in Teheran vorbestelltes Visum abholen wollte. Aber das ging völlig schief. Ohne Angabe von Gründen verweigerte mir der Beamte das Visum und stellte mich vor das grösste Problem meiner bisherigen Reise… Wie gehts denn nun weiter?

Mit dem Rad gab es eigentlich nur 2 Varianten, einen Flug nach Usbekistan buchen oder um turkmenistan herum, sprich durch Afghanistan, nach Usbekistan fahren. Da ich ungern fliegen möchte begann ich mich zur Sicherheitslage zu erkundigen. Das tat ich zusammen mit Melanie und Thomas, die beiden hatte ich in Teheran getroffen und jetzt erneut vor der turkmenischen Botschaft wo Sie das gleiche Schicksal ereilt hatte wie mich.

Da wieder einmal Feiertage anstanden beschlossen wir vor der Recherche schon mal die Grundvorraussetzung zu schaffen für das Land und setzen uns gemeinsam in den Bus nach Teheran um ein Visum für Afghanistan zu beantragen. 28 Stunden Busfahrt und wenige Stunden in der Stadt (um das Visum problemlos in den Pass kleben zu lassen) später waren wir zurück in Mashad.
Die Recherche gestaltete sich schwierig, da niemand wirklich auf dem neuesten Stand war was die Sicherheitslage im Nordwesten des Landes angeht. Melanie und Thomas klinkten sich dann aus während ich mit Babak noch auf Antworten auf Anfragen aus Afghanistan wartete. Ich weigerte mich innerlich einen Flug zu buchen, lief doch alles so gut bis hierher, sollte meine Asienreise mit dem Bike wirklich an den Turkmenen scheitern? Afghanistan musste doch irgendwie ein sicheres Schlupfloch haben, wenn nicht im Nordwesten (wo wir Deutschen Jahrelang für Recht und Ordnung gesorgt hatten) wo dann? Als dann schließlich die entscheidende negative Nachricht eintrudelte war es am Ende doch etwas mehr Erleichterung nach vorne schauen zu können als Enttäuschung nicht ins Land zu reisen. Afghanistan ist sicher eine Reise wert, aber dafür müssen sich die Machtverhältnisse im Land, wie auch immer, stabilisieren.

Die letzen Tage in Mashad verbrachte ich damit mein Bike zu pflegen und auch den heiligen Schrein zu besuchen. Eine gigantische Anlage rund um den Schrein des Imam Reza, der 7. von 12 heiligen Nachfolgern Mohammeds. Die Schiiten glauben, im Gegensatz zu den Sunniten, an diese 12 Nachfolger. Hier herrscht immer irgendwie Massenpanik… Die Anlage ist trotz Ihrer Grösse völlig überlaufen und am Schrein spielen sich ekstatische Szenen ab. Bei der Ausgestaltung wurde nur das feinste Material verwendet und so sind die Gebäude innen mit winzigen Spiegelmosaiken versehen und die Kuppel des Schreins besteht aus Goldblöcken (!). Ein ganz wunderbarer und tiefer Einblick in die Glaubenswelt der Schiiten..

Parallel dazu gestaltete ich Plan B, der leider einen Flug beinhaltete. Da die billigsten Flüge über völlig unmögliche Routen gehen beschloss ich mich einen Flug über Baku nach Almaty zu buchen um von dort hinunter nach Usbekistan zu radeln. Denn in Tashkent hatte ich am 1.August einen Termin…

Nach der Buchung machte mich auf eine weitere Busfahrt nach Teheran (diesmal mit Sack und Pack) um dort die Verladung meines Rades und mir nach Zentralasien anzugehen. Im Flughafen wurde es noch etwas spannend, da ich aufgrund von Feiertagen im Iran im Vorfeld niemanden erreichen konnte um den Transport meines Fahrrads abzuklären.
In der Stadt hatte ich mir eine Kiste besorgt um das Fahrrad zu verpacken, aber leider keine Originale Fahrradbox gefunden. Dieses Manko kam mir dann teuer zu stehen. Die Übermasse kosteten mich nach Baku 195€ und weiter nach Almaty noch einmal 50€. Teures Hobby so eine Fahrradreise.

Am Abend des 20.Juli stand ich dann auf dem Flughafen von Almaty in Kasachstan, aber davon erzähl ich Euch das nächste Mal mehr.

Lest auch mein Fazit zum Iran das ich in einem extra Beitrag gefasst habe.