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Statistik zum Pazifik:
Strecke: 1851 km
Tagesdurchschnitt: 69 km
Tage im Land: 27
Tage auf dem Rad: 17
Höhenmeter überwunden: 16200 m
Tagesdurchschnitt: 955m
Nächte im Zelt: 19
Nächte in Häusern: 8
Pannen: neues mittleres Ritzen vorne, neuer Hinterreifen
tägliche Ausgaben: 10,94€
Salt Lake City tat gut, ein wenig Pause machen, ein Paket von Joshua abholen in dem meine Landkarten für den nächsten Reiseabschnitt waren und mal wieder meine Sachen durchorganisieren.
Ausgerechnet am einzigen Tag der letzten Wochen an dem Regen gemeldet war beschloss ich loszufahren. Clever.
Nach einem halben Tag in den Randstädten SLC´s und endlosen Reihen von Supermärkten und Fastfood Läden bog ich auf eine Bergstraße ab die mich über die Oquirrh Berge (die schreibt man wirklich so) bringen sollte. Ziel für heute war aber die Passhöhe von wo man einen kleinen Abstecher hinauf zur Kennecott Mine machen kann. Die Mine ist eine der wenigen Sachen die man vom All aus erkennen kann und das wollte ich mir dann doch mal anschauen.
Die Straße wand sich strack den Berg hoch, zum Pause machen musste ich mir mal wieder einen Stein unter das Hinterrad legen, das hab ich seit Thailand nicht mehr tun müssen. Krass. Auf der Passhöhe biegt die Schotterstraße nach rechts ab und ist gleich so steil das ich auf dem losen Belag nur noch schieben kann. 5 km später stehe ich oben und die Aussicht ist atemberaubend. Erstens wegen des Panoramas aber hauptsächlich wegen des schneidenden Windes der hier oben auf 2800m über den Bergkamm bläst. Mit ein bisschen Mühe baue ich mein Zelt im Wind auf und warte auf die Nacht. Als ich später das Zelt öffnete strahlte eine beleuchtete Ebene mit Salt Lake City in der Mitte zu mir herauf, aber der Vordergrund war viel beeindruckender. Ein Lindwurm von beladenen LKW´s wand sich aus dem Loch der Mine über 600m tief herauf und sorgte für ein wunderschönes Lichtspiel. Die Mine scheint wirklich rund um die Uhr zu arbeiten. Es war die Nacht so kalt das ich morgens wirklich nur wiederwillig das Zelt verließ. Die Nacht über gab es erstaunlich viel Verkehr auf dem Platz oberhalb der Mine. Morgens erfuhr ich von einem Pickup Fahrer den Grund, die Jagdsaison hatte begonnen. Außerdem bezeichnete er mich als verrückt bei -15 Grad zu zelten. Nun ja, was soll ich sagen, ich lächelte Ihn an und zuckte mit den Schultern...
Der Weg hinunter war bitterkalt und holprig. Immerhin musste ich bergab nicht schieben aber meine Finger brauchten ewig um aufzutauen. Wie ich später unten in Tooele der Stadt auf der anderen Seite der Berge feststellte hatte ich dummerweise auf dem oberen Teil der Strecke meinen Bärensack mit meinen Lebensmittelvorräten verloren. Nochmal rauf radeln kam nicht in Frage also verabschiedete ich mich von meinem treuen Begleiter und ging einkaufen.
Nördlich von Tooele liegt der große Salzsee und die Golfplätze die es hier überall zuhauf gibt passten nicht in mein Konzept von Wüste. Wie ich später in Kalifornien lernte gibt es hier haufenweise Grundwasser nur eben salzig. Mit Riesenaufwand wird dieses Wasser entsalzt und zur Bewässerung verwendet. Das Trinkwasser kommt aus den umliegenden Bergen.
Südlich von hier war es vorbei mit grün. Die Wüste breitet sich hier aus. Endlose geradeaus führende Straßen durchziehen eine staubige von Büschen durchsetzte Landschaft in der man hier und da ein paar Rinder herumstehen sieht. Was die genau fressen ist mir ein Rätsel.
Am einzigen Laden dieses Tages machte ich Halt um mich mit einer Cola zu motivieren. Ich kam ins Gespräch mit den Ladenbesitzern Brian und seiner Frau Jenny. Zu guter letzt blieb ich zwei Stunden, genoss die Unterhaltung und wurde sogar zum Abendessen eingeladen. Glücklich radelte ich danach in den Sonnenuntergang und fand einen herrlichen Zeltplatz am Straßenrand.
Mein Ziel war der US Highway 50 der sich von West nach Ost durch das Great Basin zieht. Dieses Basin ist ein (wie der Name schon sagt) großes Becken aus dem es keine Abfluss gibt. Alles Wasser hier drin (wenn es denn welches gibt) verdunstet und bildet so salzige verkrustete Senken die irgendwann mal Seen waren. Nun ist es aber nicht flach wie eine große Schüssel sondern wird von etlichen Gebirgszügen aufgeteilt. Weil es so schön ist verläuft die Straße über jeden von Ihnen. Endlose Kletter- und Abfahrtspassagen garantiert.
Die Straße beginnt für mich in Utah, genau genommen in Delta. Von hier geht es manchmal zwei Tage ohne Zivilisation und Wasser durch die Wüste. Ich holte meinen Wassersack heraus und war froh das er meinen Rationalisierungen noch nicht zum Opfer gefallen war. So machte ich mich mit ausreichend Nahrung und 9L Wasser auf dem Rad auf in die Wüste.
Die nächsten Tage waren wundervoll, die Landschaft auch wenn sie leer war wurde nie langweilig. Die absolute Einsamkeit war wohltuend, kaum ein Auto auf der Straße und draußen in der Wüste bewegte sich auch nicht viel. Unglaublich wie friedlich diese Landschaft ist. Immer wenn ein Tal begann ein wenig gleichförmig zu werden begann der Anstieg über die nächste Bergkette und drüben ging es hinab in eine neue Landschaft. Wasser findet man hier draußen wirklich nicht. Die wenigen Farmer die es hier hält betreiben Viehwirtschaft und haben dafür tiefe Brunnen gegraben.
Ich hatte jede Nacht die schwierige Auswahl zwischen einem dutzend traumhaften Zeltplätzen, in unendlich furztrockener Buschlandschaft und immer ein Gebirge im Hintergrund. Die Sonnenuntergänge waren zum schwärmen und die Nächte kühl aber nicht wirklich kalt. Herrlich.
In Nevada beginnt „die einsamste Strasse Amerikas“, ein Werbegag des Staates aber absolut richtig. Drei Ortschaften auf über 500km, eine davon eine richtige Stadt, der Rest eigentlich Überbleibsel von Minenstädten deren Hochzeiten schon Jahrzehnte zurückliegen. Das hat durchaus seinen Charme. Ich mag ja diesen Verfall den man hier in Amerika an jeder Ecke beobachten kann.
Nach elf Tagen kam ich nach Fallon. Hier holte mich die Zivilisation wieder ein. Die Navy betreibt hier Ihr Piloten Ausbildungsprogramm, dem Europäer als Top Gun bekannt geworden. Eine quirlige kleine Stadt voller Menschen und vor allem Autos...
Danach wird es grüner. Bewässerungsprojekte haben der Landschaft ein wenig Fruchtbarkeit zurückgegeben und so fahre ich am ersten See seit Wochen vorbei. Schön soviel Wasser zu sehen. Mein Ziel lautet Reno und um dorthin zu kommen strample ich den Berg hinauf nach Virginia City. Eine Bergarbeiterstadt, die auf alt getrimmt und erhalten so was wie unser Rothenburg ob der Tauber ist.. Hier wurde vor 140 Jahren eine der größten Silberadern der amerikanischen Geschichte entdeckt. Dieser Fund löste wie immer einen Boom aus. Die Stadt hatte innerhalb kürzester Zeit über 20.000 Einwohner, hunderte Bars, Kirchen Schulen und prosperierte. Wasser gab es keins und so wurde das mit einer komplizierten Kilometer langen Pipeline vom Lake Tahoe hergeholt. Die Pipeline funktioniert noch heute... Die Stadt ist landesweit bekannt und meist überlaufen. Ich war ein wenig enttäuscht als ich oben ankam, denn außer der Hauptstraße voller Salons und Hotels und einer grandiosen Aussicht hinunter ins Tal gibt es nicht viel zu sehen. Die Straße ist auf beiden Seiten zugeparkt was Ihr den letzten Rest von Charme nimmt. Ich strampelte noch die letzten paar Kilometer hinauf zum Geiger Pass von wo es auf einer ewig langen Rampe hinab nach Reno geht.
In Reno traf ich Troy und MaryAnn wieder. Bei den beiden hatte ich schon letztes Jahr übernachtet und die Freude war groß sich wiederzusehen. Leider konnte ich nicht lange bleiben denn die Wettervorhersage meldete Schnee für die Sierra Nevada und da wollte ich als nächstes drüber. Troy begleitete mich noch einen Tagesritt weit nach Süden und danach blieb ich noch bis zum Mono Lake auf der östlichen Seite der Berge. Der See ist wunderschön. Salzig und hochtoxisch liegt er farbig schimmernd in einer absolut kargen Landschaft. Saure Quellen im Seeboden bildeten Kamine aus Kalk im See die durch den abfallenden Seespiegel sichtbar wurden. Wunderschöne Landschaft.
Alles Wasser das auf dieser Seite von den Bergen herunter fließt verschwindet irgendwo im Great Basin, faszinierend.
Los Angeles deckt seinen Wasserbedarf durch riesige Kanäle die es aus den umliegenden Bergen und dem Colorado entnehmen. Dadurch wird die Ostseite der Sierra Nevada immer wüstengleicher. Mono Lake war ein Naherholungsgebiet in den 50ern, doch jetzt ist es gefährlich auf den See hinauszufahren.
Am nächsten Tag strampelte ich den Tioga Pass hinauf, die Straße führt direkt in den Yosemite National Park. Kein Tag zu früh, denn am Abend wird die Strecke wegen des gemeldeten Wetters für den Winter geschlossen.
Die Passstraße geht hinauf auf 3100m und bietet herrliche Ausblicke ins Great Basin. Oben angekommen erwartet einen die Pracht dieses Naturparks. Zuerst durch karge hochalpine Landschaften mit gigantischen Granitblöcken durchsetzt und später durch Wälder und an Seen entlang hinab ins Herz des Parks, dem Yosemite Valley. Auf der anderen Seite der Berge wurde es zunehmend neblig und regnerisch und als ich spät abends ins Tal radelte sah ich nichts von der Landschaft.
Dementsprechend beeindruckt war ich als ich morgens mein Zelt öffnete. Rundherum ragten hunderte Meter hohe Felswände in den Himmel. Alles war grün, ich wanderte durch Eichen- und Pinienwälder entlang stiller Bäche die die Bergwelt spiegelten. Traumhaft schön.
Das Tal ist ein Mekka für Kletterer, aber ich kam in der Nebensaison und nur wenige dieser Cracks waren da. Es gehört auch schon etwas dazu eine 1000m hohe Felswand wie den legendären „El Capitan“ zu besteigen. Ich hatte schon beim hochschauen die Hose voll. Das Wetter blieb wechselhaft und so nutzte ich die ersten Tage zum entspannen. Am vorletzten Tag entschloss ich mich aus dem Tal heraus zu wandern. Oben vom „Glacier Point“ hat man eine unvergleichliche Aussicht. Normalerweise völlig überlaufen weil mit einer Straße erschlossen hatte das Wetter auch seine Vorteile: die Straße war zu und der Aussichtspunkt leer. 4 Stunden dauert der Marsch hinauf, dabei hat man immer wieder unglaublich Panoramen der Bergwelt vor sich bevor man oben dann den Halfdome direkt vor der Nase hat. Die Gletscher haben hier unglaublich sanfte Formen geschaffen. Herrlich anzusehen. Ich entschloss mich noch hinauf zum Sentinel Dome zu wandern, von dort hat man einen Überblick über das ganze Tal. Mit 1500m Anstieg war das dann auch gleichzeitig mein Gipfelprojekt für Nordamerika. Gerne hätte ich etwas Anspruchsvolleres gemeistert aber die Jahreszeit war leider jedes Mal gegen mich. Der Abstieg dauerte ewig. Als ich abends endlich an meinem Zelt ankam konnte ich kaum noch laufen. Monate ohne Wanderung und dann gleich eine 11stündige... Ich muss es aber auch immer übertreiben. Das ich das ganze in meinen steifen Fahrradschuhen gemacht habe war auch nicht wirklich hilfreich. Einen Tag Pause gönnte ich mir bevor ich mit Schmerzen in den Beinen wieder in die Pedale trat.
Mein Weg heraus aus der Sierra Nevada war mal wieder ein Klettern. Aber danach wurde es flach. Das San Joaquin Valley ist eine der Hauptanbaugebiete der Westküste. Ich wurde mit riesigen Feldern (Orangen, Gemüse, Zitronen…), viel Viehwirtschaft und unglaublich vielen Menschen konfrontiert. Viele Menschen bringen Dreck und verschmutzte Flüsse mit sich. Kein schöner Anblick nach all dieser Naturschönheit. Ich hielt mich nicht lange auf sondern machte mich auf der anderen Seite des Tales wieder auf den Weg in die Berge. Hinter den Teufelsbergen liegt die Bucht von San Francisco auch Bay Area genannt. Dafür hatte ich mir mal wieder treffsicher die steilste Straße der ganzen Gegend ausgesucht. Als ich am Ende des Tages oben auf dem Mount Hamilton stand zitterten mir die Oberschenkel... Die erwartete Aussicht auf die Bucht viel wegen Nebels flach und so suchte ich mir in den Eichenhainen am Berghang ein Plätzchen zum schlafen. Die Abfahrt hinunter nach San Jose am nächsten Morgen war superb! Die Straße wand sich am Hang entlang durch Eichenwälder und durch Weinberge hindurch und erreichte irgendwann die Ausläufer der Stadt. Von hier oben sah man sehr schön wie sich die Reichen in den Hügeln bequem gemacht haben und das quirlige Leben unten in der Stadt mit gemessenem Abstand beobachten können. Faszinierend, immer wieder.
Den Tag verbrachte ich damit durch Städte zu radeln, nach San Jose kam ich durch Fremont wo Tesla seine Autos baut. Neben der Fabrik entdeckte ich das Büro der Gewerkschaft die beginnt sich gegen die Politik des Konzerns zu wehren... Gerechte Löhne für gute Arbeit! Sehr schön...
Je näher ich an Oakland herankam desto heruntergekommener wurde die Gegend. Die Zahl der Obdachlosen nahm zu und teilweise waren die Stadtviertel echt fucked up. Am Abend erreichte ich Oakland und konnte dort bei Tiff für ein paar Tage unterschlüpfen. Ein wenig in der Stadt herum geradelt, ein wenig das Umland besichtigt und vor allem ganz viel nichts getan in den Tagen.
Aber irgendwann zog es mich doch noch auf die andere Seite der Bucht nach San Francisco. Ich wollte diesen Abschnitt beenden und einen neuen beginnen.
Etwas mehr als 4 Monate, genau 140 Tage und 10.400km hat es gedauert die USA (und ein kleines bisschen Kanada) zu durchqueren. Was für ein Ritt.
Jetzt bin ich bereit die Küste entlang nach Süden zu fahren um dort meinem nächsten Abenteuer ein Stückchen näher zu kommen: Mexiko!
Aber die Küste ist eine weitere Geschichte die Ich Euch das nächste Mal erzähle...
Ausgerechnet am einzigen Tag der letzten Wochen an dem Regen gemeldet war beschloss ich loszufahren. Clever.
Nach einem halben Tag in den Randstädten SLC´s und endlosen Reihen von Supermärkten und Fastfood Läden bog ich auf eine Bergstraße ab die mich über die Oquirrh Berge (die schreibt man wirklich so) bringen sollte. Ziel für heute war aber die Passhöhe von wo man einen kleinen Abstecher hinauf zur Kennecott Mine machen kann. Die Mine ist eine der wenigen Sachen die man vom All aus erkennen kann und das wollte ich mir dann doch mal anschauen.
Die Straße wand sich strack den Berg hoch, zum Pause machen musste ich mir mal wieder einen Stein unter das Hinterrad legen, das hab ich seit Thailand nicht mehr tun müssen. Krass. Auf der Passhöhe biegt die Schotterstraße nach rechts ab und ist gleich so steil das ich auf dem losen Belag nur noch schieben kann. 5 km später stehe ich oben und die Aussicht ist atemberaubend. Erstens wegen des Panoramas aber hauptsächlich wegen des schneidenden Windes der hier oben auf 2800m über den Bergkamm bläst. Mit ein bisschen Mühe baue ich mein Zelt im Wind auf und warte auf die Nacht. Als ich später das Zelt öffnete strahlte eine beleuchtete Ebene mit Salt Lake City in der Mitte zu mir herauf, aber der Vordergrund war viel beeindruckender. Ein Lindwurm von beladenen LKW´s wand sich aus dem Loch der Mine über 600m tief herauf und sorgte für ein wunderschönes Lichtspiel. Die Mine scheint wirklich rund um die Uhr zu arbeiten. Es war die Nacht so kalt das ich morgens wirklich nur wiederwillig das Zelt verließ. Die Nacht über gab es erstaunlich viel Verkehr auf dem Platz oberhalb der Mine. Morgens erfuhr ich von einem Pickup Fahrer den Grund, die Jagdsaison hatte begonnen. Außerdem bezeichnete er mich als verrückt bei -15 Grad zu zelten. Nun ja, was soll ich sagen, ich lächelte Ihn an und zuckte mit den Schultern...
Der Weg hinunter war bitterkalt und holprig. Immerhin musste ich bergab nicht schieben aber meine Finger brauchten ewig um aufzutauen. Wie ich später unten in Tooele der Stadt auf der anderen Seite der Berge feststellte hatte ich dummerweise auf dem oberen Teil der Strecke meinen Bärensack mit meinen Lebensmittelvorräten verloren. Nochmal rauf radeln kam nicht in Frage also verabschiedete ich mich von meinem treuen Begleiter und ging einkaufen.
Nördlich von Tooele liegt der große Salzsee und die Golfplätze die es hier überall zuhauf gibt passten nicht in mein Konzept von Wüste. Wie ich später in Kalifornien lernte gibt es hier haufenweise Grundwasser nur eben salzig. Mit Riesenaufwand wird dieses Wasser entsalzt und zur Bewässerung verwendet. Das Trinkwasser kommt aus den umliegenden Bergen.
Südlich von hier war es vorbei mit grün. Die Wüste breitet sich hier aus. Endlose geradeaus führende Straßen durchziehen eine staubige von Büschen durchsetzte Landschaft in der man hier und da ein paar Rinder herumstehen sieht. Was die genau fressen ist mir ein Rätsel.
Am einzigen Laden dieses Tages machte ich Halt um mich mit einer Cola zu motivieren. Ich kam ins Gespräch mit den Ladenbesitzern Brian und seiner Frau Jenny. Zu guter letzt blieb ich zwei Stunden, genoss die Unterhaltung und wurde sogar zum Abendessen eingeladen. Glücklich radelte ich danach in den Sonnenuntergang und fand einen herrlichen Zeltplatz am Straßenrand.
Mein Ziel war der US Highway 50 der sich von West nach Ost durch das Great Basin zieht. Dieses Basin ist ein (wie der Name schon sagt) großes Becken aus dem es keine Abfluss gibt. Alles Wasser hier drin (wenn es denn welches gibt) verdunstet und bildet so salzige verkrustete Senken die irgendwann mal Seen waren. Nun ist es aber nicht flach wie eine große Schüssel sondern wird von etlichen Gebirgszügen aufgeteilt. Weil es so schön ist verläuft die Straße über jeden von Ihnen. Endlose Kletter- und Abfahrtspassagen garantiert.
Die Straße beginnt für mich in Utah, genau genommen in Delta. Von hier geht es manchmal zwei Tage ohne Zivilisation und Wasser durch die Wüste. Ich holte meinen Wassersack heraus und war froh das er meinen Rationalisierungen noch nicht zum Opfer gefallen war. So machte ich mich mit ausreichend Nahrung und 9L Wasser auf dem Rad auf in die Wüste.
Die nächsten Tage waren wundervoll, die Landschaft auch wenn sie leer war wurde nie langweilig. Die absolute Einsamkeit war wohltuend, kaum ein Auto auf der Straße und draußen in der Wüste bewegte sich auch nicht viel. Unglaublich wie friedlich diese Landschaft ist. Immer wenn ein Tal begann ein wenig gleichförmig zu werden begann der Anstieg über die nächste Bergkette und drüben ging es hinab in eine neue Landschaft. Wasser findet man hier draußen wirklich nicht. Die wenigen Farmer die es hier hält betreiben Viehwirtschaft und haben dafür tiefe Brunnen gegraben.
Ich hatte jede Nacht die schwierige Auswahl zwischen einem dutzend traumhaften Zeltplätzen, in unendlich furztrockener Buschlandschaft und immer ein Gebirge im Hintergrund. Die Sonnenuntergänge waren zum schwärmen und die Nächte kühl aber nicht wirklich kalt. Herrlich.
In Nevada beginnt „die einsamste Strasse Amerikas“, ein Werbegag des Staates aber absolut richtig. Drei Ortschaften auf über 500km, eine davon eine richtige Stadt, der Rest eigentlich Überbleibsel von Minenstädten deren Hochzeiten schon Jahrzehnte zurückliegen. Das hat durchaus seinen Charme. Ich mag ja diesen Verfall den man hier in Amerika an jeder Ecke beobachten kann.
Nach elf Tagen kam ich nach Fallon. Hier holte mich die Zivilisation wieder ein. Die Navy betreibt hier Ihr Piloten Ausbildungsprogramm, dem Europäer als Top Gun bekannt geworden. Eine quirlige kleine Stadt voller Menschen und vor allem Autos...
Danach wird es grüner. Bewässerungsprojekte haben der Landschaft ein wenig Fruchtbarkeit zurückgegeben und so fahre ich am ersten See seit Wochen vorbei. Schön soviel Wasser zu sehen. Mein Ziel lautet Reno und um dorthin zu kommen strample ich den Berg hinauf nach Virginia City. Eine Bergarbeiterstadt, die auf alt getrimmt und erhalten so was wie unser Rothenburg ob der Tauber ist.. Hier wurde vor 140 Jahren eine der größten Silberadern der amerikanischen Geschichte entdeckt. Dieser Fund löste wie immer einen Boom aus. Die Stadt hatte innerhalb kürzester Zeit über 20.000 Einwohner, hunderte Bars, Kirchen Schulen und prosperierte. Wasser gab es keins und so wurde das mit einer komplizierten Kilometer langen Pipeline vom Lake Tahoe hergeholt. Die Pipeline funktioniert noch heute... Die Stadt ist landesweit bekannt und meist überlaufen. Ich war ein wenig enttäuscht als ich oben ankam, denn außer der Hauptstraße voller Salons und Hotels und einer grandiosen Aussicht hinunter ins Tal gibt es nicht viel zu sehen. Die Straße ist auf beiden Seiten zugeparkt was Ihr den letzten Rest von Charme nimmt. Ich strampelte noch die letzten paar Kilometer hinauf zum Geiger Pass von wo es auf einer ewig langen Rampe hinab nach Reno geht.
In Reno traf ich Troy und MaryAnn wieder. Bei den beiden hatte ich schon letztes Jahr übernachtet und die Freude war groß sich wiederzusehen. Leider konnte ich nicht lange bleiben denn die Wettervorhersage meldete Schnee für die Sierra Nevada und da wollte ich als nächstes drüber. Troy begleitete mich noch einen Tagesritt weit nach Süden und danach blieb ich noch bis zum Mono Lake auf der östlichen Seite der Berge. Der See ist wunderschön. Salzig und hochtoxisch liegt er farbig schimmernd in einer absolut kargen Landschaft. Saure Quellen im Seeboden bildeten Kamine aus Kalk im See die durch den abfallenden Seespiegel sichtbar wurden. Wunderschöne Landschaft.
Alles Wasser das auf dieser Seite von den Bergen herunter fließt verschwindet irgendwo im Great Basin, faszinierend.
Los Angeles deckt seinen Wasserbedarf durch riesige Kanäle die es aus den umliegenden Bergen und dem Colorado entnehmen. Dadurch wird die Ostseite der Sierra Nevada immer wüstengleicher. Mono Lake war ein Naherholungsgebiet in den 50ern, doch jetzt ist es gefährlich auf den See hinauszufahren.
Am nächsten Tag strampelte ich den Tioga Pass hinauf, die Straße führt direkt in den Yosemite National Park. Kein Tag zu früh, denn am Abend wird die Strecke wegen des gemeldeten Wetters für den Winter geschlossen.
Die Passstraße geht hinauf auf 3100m und bietet herrliche Ausblicke ins Great Basin. Oben angekommen erwartet einen die Pracht dieses Naturparks. Zuerst durch karge hochalpine Landschaften mit gigantischen Granitblöcken durchsetzt und später durch Wälder und an Seen entlang hinab ins Herz des Parks, dem Yosemite Valley. Auf der anderen Seite der Berge wurde es zunehmend neblig und regnerisch und als ich spät abends ins Tal radelte sah ich nichts von der Landschaft.
Dementsprechend beeindruckt war ich als ich morgens mein Zelt öffnete. Rundherum ragten hunderte Meter hohe Felswände in den Himmel. Alles war grün, ich wanderte durch Eichen- und Pinienwälder entlang stiller Bäche die die Bergwelt spiegelten. Traumhaft schön.
Das Tal ist ein Mekka für Kletterer, aber ich kam in der Nebensaison und nur wenige dieser Cracks waren da. Es gehört auch schon etwas dazu eine 1000m hohe Felswand wie den legendären „El Capitan“ zu besteigen. Ich hatte schon beim hochschauen die Hose voll. Das Wetter blieb wechselhaft und so nutzte ich die ersten Tage zum entspannen. Am vorletzten Tag entschloss ich mich aus dem Tal heraus zu wandern. Oben vom „Glacier Point“ hat man eine unvergleichliche Aussicht. Normalerweise völlig überlaufen weil mit einer Straße erschlossen hatte das Wetter auch seine Vorteile: die Straße war zu und der Aussichtspunkt leer. 4 Stunden dauert der Marsch hinauf, dabei hat man immer wieder unglaublich Panoramen der Bergwelt vor sich bevor man oben dann den Halfdome direkt vor der Nase hat. Die Gletscher haben hier unglaublich sanfte Formen geschaffen. Herrlich anzusehen. Ich entschloss mich noch hinauf zum Sentinel Dome zu wandern, von dort hat man einen Überblick über das ganze Tal. Mit 1500m Anstieg war das dann auch gleichzeitig mein Gipfelprojekt für Nordamerika. Gerne hätte ich etwas Anspruchsvolleres gemeistert aber die Jahreszeit war leider jedes Mal gegen mich. Der Abstieg dauerte ewig. Als ich abends endlich an meinem Zelt ankam konnte ich kaum noch laufen. Monate ohne Wanderung und dann gleich eine 11stündige... Ich muss es aber auch immer übertreiben. Das ich das ganze in meinen steifen Fahrradschuhen gemacht habe war auch nicht wirklich hilfreich. Einen Tag Pause gönnte ich mir bevor ich mit Schmerzen in den Beinen wieder in die Pedale trat.
Mein Weg heraus aus der Sierra Nevada war mal wieder ein Klettern. Aber danach wurde es flach. Das San Joaquin Valley ist eine der Hauptanbaugebiete der Westküste. Ich wurde mit riesigen Feldern (Orangen, Gemüse, Zitronen…), viel Viehwirtschaft und unglaublich vielen Menschen konfrontiert. Viele Menschen bringen Dreck und verschmutzte Flüsse mit sich. Kein schöner Anblick nach all dieser Naturschönheit. Ich hielt mich nicht lange auf sondern machte mich auf der anderen Seite des Tales wieder auf den Weg in die Berge. Hinter den Teufelsbergen liegt die Bucht von San Francisco auch Bay Area genannt. Dafür hatte ich mir mal wieder treffsicher die steilste Straße der ganzen Gegend ausgesucht. Als ich am Ende des Tages oben auf dem Mount Hamilton stand zitterten mir die Oberschenkel... Die erwartete Aussicht auf die Bucht viel wegen Nebels flach und so suchte ich mir in den Eichenhainen am Berghang ein Plätzchen zum schlafen. Die Abfahrt hinunter nach San Jose am nächsten Morgen war superb! Die Straße wand sich am Hang entlang durch Eichenwälder und durch Weinberge hindurch und erreichte irgendwann die Ausläufer der Stadt. Von hier oben sah man sehr schön wie sich die Reichen in den Hügeln bequem gemacht haben und das quirlige Leben unten in der Stadt mit gemessenem Abstand beobachten können. Faszinierend, immer wieder.
Den Tag verbrachte ich damit durch Städte zu radeln, nach San Jose kam ich durch Fremont wo Tesla seine Autos baut. Neben der Fabrik entdeckte ich das Büro der Gewerkschaft die beginnt sich gegen die Politik des Konzerns zu wehren... Gerechte Löhne für gute Arbeit! Sehr schön...
Je näher ich an Oakland herankam desto heruntergekommener wurde die Gegend. Die Zahl der Obdachlosen nahm zu und teilweise waren die Stadtviertel echt fucked up. Am Abend erreichte ich Oakland und konnte dort bei Tiff für ein paar Tage unterschlüpfen. Ein wenig in der Stadt herum geradelt, ein wenig das Umland besichtigt und vor allem ganz viel nichts getan in den Tagen.
Aber irgendwann zog es mich doch noch auf die andere Seite der Bucht nach San Francisco. Ich wollte diesen Abschnitt beenden und einen neuen beginnen.
Etwas mehr als 4 Monate, genau 140 Tage und 10.400km hat es gedauert die USA (und ein kleines bisschen Kanada) zu durchqueren. Was für ein Ritt.
Jetzt bin ich bereit die Küste entlang nach Süden zu fahren um dort meinem nächsten Abenteuer ein Stückchen näher zu kommen: Mexiko!
Aber die Küste ist eine weitere Geschichte die Ich Euch das nächste Mal erzähle...