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ganz im Norden

Nach diesen vielen Kilometern auf den teilweise vielbefahrenen Highways Alaskas war es Zeit für ein wenig Abenteuer. „Last Frontier“ ist das Staatsmotto und dem wollte ich mal ein wenig näherkommen. Noch nie war ich so weit im Norden und auf der Karte gab es eine Straße die noch viel weiter nach Norden führt. Genau gesagt zum Arktischen Ozean. Der Dalton Highway ist so wenig eine Schnellstraße wie die anderen Highways hier etwas mit Abenteuer zu tun haben. Eine Versorgungsstraße für die Ölvorkommen ganz im Norden. Hauptsächlich von Trucks benutzt wurde sie vor etwa 10 Jahren für den allgemeinen Verkehr freigegeben.

Die Versorgungslage dort oben ist etwas dünn, deshalb heißt es für 10 Tage Essen schleppen. Auf dem Weg nach Norden schloss sich mir Hera aus den Niederlanden an, eigentlich wollte sie nur bis zu den Heißen Quellen von Manley, aber irgendwie entschied sie sich dann doch bis ganz nach Norden mitzukommen. Julie mein Warmshowers Host in Fairbanks half uns ganz spontan aus unserer Nahrungsknappheit und liefert ein Paket mit Lebensmitteln zum Camp am Yukon River. Grosses Kino, Julie… Danke dafür!

Damit sind wir gerüstet die Tour durchzuziehen. Drei knüppelharte Tage liegen da schon hinter uns. Zwei weitere Tage später sind wir reif für einen Day Off. Rollende Hügel die eher an Achterbahn denn an Hügel erinnerten haben uns müde gemacht. In Coldfoot finden wir die perfekte Bleibe. Camping „for free“ und mit etwas Geschick kommen wir auch zu einer Dusche, einer Waschmaschine und sogar zu einem Abendessen, alles umsonst. So geht es danach wieder gestärkt und voll motiviert weiter. Die einzige Hürde auf dem weiteren Weg nach Norden ist der Atigun-Pass... und das Wetter.

Schon im ersten Teil hatte uns eine verregnete Nacht am nächsten Tag bescheidene Straßenverhältnisse verschafft. Hinter dem Pass sollte es dann ähnliches geben. Klebrige Straßen mit teilweise noch losem Schotter machen das Vorankommen recht mühsam. Wenn dann noch der Gegenwind zuschlägt ist es nicht weit her mit Strecke machen.

Da kam uns der Hinweis von Brian, der auf dem Pass den Verkehr regelte, eigentlich genau richtig. Er wies uns daraufhin das wir in einer Arbeitercamp unterhalb des Passes eventuell eine kostenlose Mahlzeit bekommen könnten. Da es Sonntag wäre gebe es dort heute auch einen riesigen leckeren Braten. Gesagt getan, also Hera vorne weg frech gefragt. Ihrem Lächeln konnten die Jungs nicht wiederstehen und 20 Minuten später saßen wir vor prall gefüllten Tabletts und ließen es uns schmecken. Danach gab es noch eine Dusche und einen ganzen Schwung Snacks für unterwegs bevor wir uns im Wohnzimmer des Camps gemütlich machten um den Gymnastik-Wettbewerben von Olympia zuzuschauen. Als das Gespräch dann noch auf Pedicure zu sprechen kam, war die absurde Situation perfekt. 8 bärtige Männer sitzen vorm Fernseher schauen Gymnastik und reden über Fußpflege. Spezieller Moment.

Am nächsten Morgen krochen wir erholt und motiviert aus unseren Zelten und machten uns auf den Weg hinab in die Tundra auf dem Weg zum Meer. Der Nebel war dicht und ab und zu kam dann auch Regen mit runter. Die Straße weichte auf und der feuchte Belag klebte wie Kaugummi an den Reifen. Kampf pur. So schafften wir es zum nächsten Arbeitercamp um dort mal wieder unser Glück zu versuchen. Siehe da, auch hier gab es königliche Bewirtung und am nächsten Morgen sogar noch ein kleines Frühstück. Nachdem wir uns irgendwann vom Koch verabschieden mussten ging es endgültig hinab zum Meer. Rund 80km trennten uns noch vom Ziel. Das erreichten wir am späten Nachmittag und wurden (Baustelle sei Dank) Huckepack 60km nach Deadhorse hinein geliefert.

Das nördliche Ende des amerikanischen Kontinents war erreicht. Hurra!

Zum Polarmeer können wir nicht, da die Küste Sperrgebiet und Privatgrundstück ist. Die 70$ für die Tour dorthin wollen wir nicht bezahlen. Nach einem Moment des Innehaltens und zufriedenen Durchatmens ging es dann schon wieder auf den Rückweg, denn die Hotels in der Stadt waren unbezahlbar. 250$ für das billigste Doppelzimmer waren weit jenseits unseres Budgets. An der Baustelle fragten wir ein wenig herum und fanden wirklich einen Truck der uns bis nach Fairbanks mitnehmen würde. Da er ohne Hänger unterwegs war schnallten wir die Räder an die Rückseite der Kabine und das Gepäck innen rein. Als wir etliche Stunden später einen Trailer abholten und die Räder wieder vom Truck runterholten waren sie wie ein Schokostückchen verkrustet mit Dreck... Den Rest der Tour durften sie im Hänger mitfahren und kamen zwar dreckig aber unversehrt in Fairbanks an.

So ging nach 10 Tagen ein großes Abenteuer zu Ende. Die wunderschöne Natur, mit teilweise absolut einsamen Straßen, war ein Hochgenuss. Die Strecke fordert einiges, gibt aber auch sehr viel zurück. Der Wandel der Natur vom arktischen Nadelwald hin zur absolut Baum- und Buschfreien Tundra ist eindrücklich. Hier oben herrscht Wüstenklima. Das trotzdem alles unter Wasser steht liegt am wenige Zentimeter unter der Oberfläche beginnenden Permafrost. Der Boden ist hier oben teilweise 600m dick gefroren. Das trotzdem immer noch so viele Tiere unterwegs sind und offensichtlich auch genug Nahrung finden macht die Sache noch faszinierender.

Bisher mein absolutes Alaska Highlight!