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Statistik Baja California:

Strecke: 1750 km
Tagesdurchschnitt: 50 km
Tage in der Gegend: 40
Tage auf dem Rad: 25
Höhenmeter überwunden: 14200m
Tagesdurchschnitt: 645m
Nächte im Zelt: 39
Nächte in Häusern: 1
Pannen: 2 platte Reifen hinten
tägliche Ausgaben: 9,50€

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über stock und stein quer durch Niederkalifornien
Nachdem ich in Amerika meistens den Highways gefolgt bin lechzte meine Seele nach etwas Abenteuer.

Mexico an sich klang ja schon wie ein Abenteuer, aber eine Route die ich im Internet gefunden hatte und die irgendwie in aller Munde war ließ mich aufhorchen. Baja Divide war Ihr Name, benannt nach dem großen Bruder, dem „Continental Divide Mountainbike Trail“ durchschneidet sie die Halbinsel von Nord nach Süd und nimmt so alles mit was dieser Teil Mexicos zu bieten hat. Dummerweise ist es eben eine Mountainbike Route, d.h. für meinen Reise-Tanker eher ungeeignet.
Aber bisher hab ich mich nie so wirklich an Konventionen gehalten und so beschloss ich dem ganzen eine Chance zu geben.

Die Route beginnt in San Diego auf der amerikanischen Seite und überquert die Grenze in Tecate, ein wenig im Hinterland weg von Tijuana und dem Rummel der Großstadt.

Als ich über die Berge auf die Grenze zufuhr sieht man schon den Irrsinn dieser Grenze. Leeres Land, auf der anderen Seite des Zaunes drängt sich die Stadt. Auf der Zufahrtsstraße reihen sich die Schilder aneinander die auf die Regeln jenseits der Grenze hinweisen. Spannender weise ist im Krisengebiet Mexico das tragen von Waffen verboten. Die Grenze war unspektakulär, Letztes Jahr erklärte mir ein Grenzbeamter in Alaska das ich mich auschecken muss wenn ich die Staaten verlasse sonst gelte ich noch immer als anwesend. Das wiederum führt zu Problemen bei der Wiedereinreise. Diese Sache ging mir durch den Kopf als ich dem mexikanischen Grenzposten näher kam. Ich drehte um und versuchte die amerikanischen Kollegen zu finden die ich offensichtlich verpasst hatte. Nur mein Wunsch zurückzulaufen in die USA wurde von der Grenzpolizei nicht sehr freundlich aufgenommen. Mit der Androhung mich zu verhaften schickte mich der Beamte zurück durch den Zaun, meine Bitte Ihm eine Frage stellen zu dürfen ignorierte er einfach. Hinter dem Zaun war technisch schon Mexico und kein amerikanischer Beamter war sichtbar um Ihn zu fragen. Mist, so musste ich unverrichteter Dinge nach Mexico einreisen.

Die Einreise lief problemlos, nur das elektrische Tor durch das ich mit meinem Rad durchmusste funktionierte nicht, niemand fühlte sich verantwortlich mir zu helfen. So war ich für eine halbe Stunde erst einmal gestrandet bis irgendjemand den Schlüssel brachte und mich hinausliess. Willkommen im dysfunktionalen Teil der Welt.

Ein neues Land ist zuerst immer aufregend. Umschauen, aufpassen und versuchen zu orientieren. Es war staubig, laut und Musik plärrte aus Lautsprechern an der Straßenecke. Ich radelte erst einmal drauf los und passierte kleine Essens Buden von wo mir der Geruch von gebratenem, teilweise verbranntem Fleisch entgegen wehte. Es war quirlig und die Musikbeschallung ließ nicht nach. Die Musik hier ist sehr Blasmusiklastig, die Tuba brummt im Hintergrund und erinnerte mich doch sehr stark an das bayrische Original, wäre da nicht die typische mexikanische Trompete und der Gesang... Witzig das zu hören.

Tecate ist recht gross und an einen Hang gebaut und so arbeitete ich mich langsam den Berg hinauf, immer mal wieder von freundlichen Zeitgenossen angehalten die mich fragten wo ich denn herkomme und hin will. (Jedenfalls denke ich, dass sie das fragten, es war ja spanisch)

Die Stadt ist irgendwie chaotisch, vieles findet auf der Straße statt und Bauregeln gibt es hier offensichtlich keine. Die typische Flachdach Architektur mit den herausragenden Stahlarmierung (für späteres Aufstocken) zeigt mir ganz klar das ich wieder in einem Entwicklungsland bin.

Hinter Tecate folgte ich noch ein wenig dem Highway, dann bog ich ab auf einen Feldweg und der führte mich in die Wildnis.

Damit war es das auch erst einmal mit der Zivilisation. Die nächsten Tage bekam ich nur wenige Menschen zu Gesicht, dafür zeigte der Weg seine ersten Tücken. In den Senken sandig bis zu dem Moment wo nur noch schieben hilft und in den Hügeln teilweise so steinig das auch da schieben angesagt ist. Ich begann schon wechselseitig das Gewicht meines Rades und die Entscheidung hier lang gefahren zu sein zu verfluchen aber irgendwie war die Gegend so schön und auch so schön einsam das ich es auch genießen konnte immer mal wieder anzuhalten, tief durchzuatmen und einfach en Blick schweifen zu lasse.
Ich querte kleinere Dörfer und ein paar Bauernhöfe, aber bevor ich wieder auf den Highway 1 stieß war nicht viel los auf der Baja...

Irgendwann erreichte ich die Küste und nach 5 Tagen auf Erdstraßen war ich reif für eine Pause von der Plackerei. Ich folgte dem Highway 1, der Hauptverkehrsader durch die Halbinsel nach Süden. In diesem Bereich ist die Gegend recht eng besiedelt und der Verkehr ist dementsprechend. Volle Straßen, null Seitenstreifen und enge Spuren. Absolute Katastrophe! Die erste Möglichkeit zum Abbiegen nutzte ich um wieder auf die Baja Route zurückzukommen. Dort fand ich dann auch ein Eckchen zum Zelten und den nächsten Tag ging es dann auch wieder auf Erdstraßen weiter durchs Hinterland. Die Route führte zum Meer und dort wurde ich mal wieder meiner Grenzen belehrt. In Strandnähe versank ich im sandigen Pfad und gab nach einigen Stunden auf. Ich verließ die Route und landete auf einem nahe gelegenen Campingplatz wo ich ein paar Tage ausspannte. Es funktioniert so nicht, wurde mir klar.

Nach dieser wohlverdienten Pause ging es weiter auf dem Highway 1 nach Süden. Von hier ab zieht die Straße in die Berge und der Verkehr ist auch nicht mehr ganz so krass.

Ich genoss es auf gut geteerten Straßen durch die Kakteenlandschaft zu cruisen und endlich mal richtig Strecke zu machen. Jede Nacht zwischen den Kakteen zu schlafen war wundervoll, auch wenn ich mir das ein oder andere Mal ein paar schmerzhafte Stachel eingefangen habe. Durch die Wiederhaken sind die ziemlich hart zu entfernen. Selten etwas Schmerzhafteres erlebt.

Die Straße kreuzt hier oben durch ein Naturreservat das eine der außergewöhnlichsten Landschaften beherbergt die ich auf dieser Reise durchqueren durfte. Ein riesiges Tal ist voll bewachsen mit riesigen Kakteen, teilweise über 10m hoch. Ganz verschiedene Sorten ragen hier wie ein Wald in den Himmel. Jede dicht bestachelt wie scheinbar alles hier draußen. Ohne Kratzer kommt man nicht durch...

Hinter dieser Höhenwüste zweigt die Straße zur Bucht von Los Angeles ab. Ich entscheide mich Ihr einen Besuch abzustatten und dann vielleicht ein weiteres Teilstück der Divide zu versuchen. Irgendwie bin ich doch recht lernresistent ;-)

In der Bucht stoße ich auf Andy und Steffi, ein deutsches Pärchen das die Baja Divide fährt und hier ein paar Tage ausspannt. Ach ja, es ist ja auch Weihnachten und sie hatten sich schon in den USA mit ein paar Wohnmobil Reisenden hier an der Bucht für die Feiertage verabredet. Ich war zu spät für die Festtage aber einen Tag an der Bucht gönnte ich mir trotzdem. Als wir danach zusammen losfuhren um wieder in der Erde zu spielen trafen wir im Ort auf Chris der uns spontan zum Muscheln sammeln einlud. Mit seinem Boot fuhren wir hinaus in die Bucht, unterwegs umkreisten Delphine das Boot, welch ein Moment! Das wollt ich schon immer mal erleben. In einer kleinen Bucht gruben wir nach Muscheln die wir am Abend auf dem Grill zubereiteten. Lecker!

Der nächste Teil startete ganz vielversprechend aber bald fing die Rüttelpiste an. Es schüttelte so heftig, dass ich irgendwo mein Foto-Stativ verlor, Mist! Durch Zufall kamen uns 2 Motorradfahrer entgegen die sich bereit erklärten danach zu suchen und wenige Minuten später damit wider auftauchten. Glück gehabt!
Später am Tage wurde es mal wieder sandig und so beschlossen wir weit vor unserem geplanten Tagesziel unser Zelt aufzuschlagen. Am folgenden Tag besuchten wir Pancho in seiner eigenen Bucht wo er ein Einsiedler-Leben führt und von den Geschenken der Besucher lebt. Er zündete mit uns ein paar Raketen (2 Tage zu früh) um das neue Jahr zu begrüßen. Einer der Knaller war so laut das uns noch einige Zeit später die Ohren pfiffen. Das würde bei uns schon unter Sprengstoff fallen…
Die nächsten beiden Tage gab es dann auch nicht mehr viel zu feiern, die Route verlangte alles von uns ab. Sand und Rüttelpiste wechselten sich ab und wir waren sau froh als wir wieder auf den Highway 1 stießen. Die 140km bis San Ignacio flogen nur so dahin und dort konnten wir erst einmal die Füße hochlegen, den Staub abklopfen und Wäsche waschen. Auch mal schön ;-)

Von hier ging es wieder (hab ich schon erwähnt das ich nichts lerne) weiter auf der Route. Zuerst auf Teer und später ein abwechslungsreicher Mix aus tiefem Sand und festgebackenem trockenem Seegrund. Die Strecke führte am Tag 3 in die Berge wo ich nach knapp 40km Waschbrettpiste wieder auf Teer traf. 100km später war ich in Ciudad Constitution, der größten Siedlung in der Gegend und bereit für das nächste Abenteuer.

Von hier ging es noch einmal 270km über die Berge nach La Paz, der Hafenstadt im Süden. Die Beschreibung klang gut und so machte ich mich voller Hoffnung auf den Weg. Zuerst hielt sich der Sand noch in Grenzen, schieben musste ich nur punktuell und als die Straße zu den Bergen anstieg war es richtig gut zu fahren. Die Berge hier sind super farbig. Grün, rosa, weiss und rot wechseln sich ab und eine grüne Landschaft überzieht sie. Wunderschön. Der erste Pass war so steil das ich mal wieder schieben durfte. Am zweiten pass waren es die Einebnungsversuche der Straßenbauer die mir den Spaß verdarben. Lose teils Kindskopf große Steine lagen im Weg, nicht fahrbar für mich und wegen dem losen Charakter auch ziemlich schwer zu schieben. Nach Stunden harter Arbeit erreichte ich den Pass und von da ging es schnurstracks auf ebenso losem Geröll ins Tal. Augen zu und durch sagte ich mir und ich schaffte es auch wirklich ohne Verluste und Sturz unten anzukommen. Der nächste Tag war ein Mix aus sandiger Piste und Waschbrett und am Nachmittag war ich soweit jeden anzuhalten der vorbeikommen würde um um eine Mitfahrgelegenheit zu bitten. Aber es kam keiner... Also biss ich die Zähne zusammen und kämpfte ich mich durch. Am nächsten Tag erreichte ich am späten Vormittag eine Minen-Siedlung und die geteerte Straße, ich hatte es geschafft. 50km später stand ich vor der Tür von Tuly in La Paz. Sie ist ein warmshowers Host und bekannt wie ein bunter Hund. Sie nimmt jeden auf und so ist immer Leben in Ihrem Haus. Schön wieder unter Menschen zu sein.

Im letzten Monat hatte ich es geschafft knappe 970km auf der Baja Divide zu radeln und insgesamt 1700km einmal quer durch die Baja California hinter mich zu bringen. Es war Zeit für eine Pause...

Hier in La Paz war meine Hauptaufgabe, eine Passage auf das Festland zu bekommen. Es fahren Fähren, aber mein Ziel war auf einem Segelboot anzuheuern. Dafür ging es jeden Morgen hinunter zur Marina um meinen Wunsch über Funk den Booten zu verkünden und etwas später beim Kaffee-Treff den Seglern beim Kaffee-Klatsch eine Mitfahrgelegenheit aus der Nase zu ziehen...

Diese Übung machte ich eine Woche und als ich schon fast aufgegeben hatte klappte es dann endlich. Heute werde ich mit dem Segelboot auf einen 5 tägige Reise hinüber auf das Festland von Mexiko machen, ich freu mich total, hab ich ja auch noch nie gemacht.

Was mir auf dem Boot und auf meinem weiteren Weg durch Mexiko so alles passiert ist erzähle ich euch das nächste Mal...
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